Gott und die Herzroute

Natürlich fährt Gott nicht Velo. Das liegt wohl in seinem Naturell begründet, auch wenn weder Dienstwagen noch Flügel klar verbrieft sind. Umgekehrt darf man vermuten, dass Gott, wenn er denn Velo fahren würde, sicherlich einen genaueren Blick auf die Herzroute geworfen hätte.

«Das haben sie nicht schlecht hingekriegt», würde er sagen.

Sein Blick würde über die grünen Hügel streifen, die Wälder und Täler und die immer wieder darin aufblitzende Route mit ihrem leicht geschwungenen Verlauf. Nach und nach würde er sich richtig begeistern und von oben schauen, wo sie denn überall durchführt. Er würde zu seiner Entzückung feststellen, dass sie an einigen seiner Lieblingsstellen entlang führt, über besonders wohlgeformte Hügel oder lauschig verzauberten Bächlein entlang.

Um einen besseren Blick zu haben, würde er vielleicht sogar etwas vom Himmel herab kommen, um die Steigungen und Serpentinen besser erkennen zu können, die von oben ja etwas flach wirken. «Wow», würde er sagen, «das geht ja richtig ab hier». Und in seinem rechten Knie würde es schon ungeduldig zucken. Sollte er nicht doch eine kleine Fahrt wagen? Natürlich würde er das nicht tun, um keinen Verkehrsstau oder Menschenauflauf zu provozieren. Er würde auch nicht andere Velowanderrouten diskreditieren wollen, indem er ausgerechnet auf der Herzroute eine Runde gedreht hätte.

Ganz aber würde ihm diese Strecke nicht mehr aus dem Sinn gehen, und es darf vermutet werden, dass er vielleicht doch eines Tages, früh an einem Junisonntag, wenn noch alles schläft, ein paar Meter auf dieser Route fahren würde, einen Freudenjauchzer nur halb unterdrückend. Seinen göttlichen Mitarbeitern würde er sagen, dass er ein paar Kapellen am Wegrand inspizieren müsse, reine Formsache, und dass er zum Frühstück zurück sei.