Hier ist die Schweiz
Viele Bücher wurden geschrieben über dieses Land. Matterhorn, Rütli und Bundeshaus werden besungen als Inbegriffe des zivilisatorischen Idylls, das sich zwischen nordischem Kalkül und südländischem Feuer im Alpenbogen eingenistet hat. Die Schweiz, dieser Hort der Ausgewogenheit, bietet dieses gewisse Extra, über das man immer wieder staunen muss.
So auch an der neuen «Herzschlaufe Burgdorf», welche eines der erstaunlichen Zeugnisse Schweizerischer Eigenart aufweisen kann: Das Bushüsli Oberösch
Dieser Zweckbau, ausgeführt für maximal drei Wartende an der stündlich bedienten Linie von Koppigen nach Burgdorf, zeigt exemplarisch auf, worum es in der Schweiz geht. Seine simple Form darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass man hier ein solides Stück Baukunst geschaffen hat, ausgeführt in Beton, inklusive coupiertem Dach, Tropfkante und Auskragungen für eine Schneelast bis 120cm.
Um das wertvolle Land zu schonen, wurde das Bord zum lokalen Gewässer «Ösch» (Oberösch und Niederösch verbindend) genutzt. Dazu war kein Fundament zu schade, auch nicht das nötige Geländer in verzinkter Bauweise samt einer Unterkellerung für den hier möglicherweise wieder heimisch werdenden Biber.
Im Inneren des Hüsli findet sich eine Sitzbank in Massivholz, ausgeführt in lokaler Fichte, abgerundet und plan verarbeitet mit dem darunter ansetzenden Mauersockel, der leicht nach innen kragt, um dem wartenden Busgast eine optimale Fusshaltung zu erlauben, gerade im Falle von Verspätungen, was aber nie vorkommt auf dieser Linie. Das rustikale Terracotta der Backsteine wurde geschickt kontrastiert durch ein tiefes Nachtblau im Innenraum, welches Ruhe bei den Wartenden verbreitet und erfolgreich gegen Vandalismus vorbeugt (Das Bushüsli ist praktisch frei von Graffitti, politischen Hinweisen oder unpassenden Kommentaren zum menschlichen Sozialverhalten).
Der Bau setzt unaufdringlich aber kunstvoll an die Brücke an, welche den Zugang zur Busbucht bietet, wenn das Fahrzeug denn nahen sollte. Ein Vorbereich von ca. 50cm bietet den verkehrstechnisch wichtigen Orientierungsraum, bevor auf die Fahrbahn getreten wird, um zum Bus zu schreiten. Sogar ein Briefkasten ist Teil des Ensembles und stellt eine symbolische Verbindung zur Welt dar, für die Oberösch zweifellos steht.
Besondere Erwähnung verdient die Farbgestaltung, die jeder Biederkeit oder ländlichen Süffisanz widersteht und mit frischem Lindgrün eigene Wege sucht. Dazu werden rassige Sockelstreifen sowie aufstrebende Dreiecke kombiniert, die eine dezente Anlehnung an Freimaurerthemen (Pyramide, Transzendenz...) und maximale Pegelstände der Ösch bieten, ohne dabei plump oder belehrend zu werden. Passend zu den symbolhaften Dreiecken wurde der Mülleimer im Inneren in derselben Farbe gehalten, um auf das lokale ökologische Handeln im globalen Kontext hinzuweisen.
Kurz: Man hat hier ein Meisterwerk ländlichen Understatements auf Niveau eines städtischen Bushofes geschaffen. Und das in Oberösch.
Bei aller Raffinesse der Konstruktion bleibt ein Detail doch zu verbessern. Durch die solide Bauweise mit Wetterschutz bleibt dem Wartenden das Herannahen des Buses aus Koppigen gefährlich lang verborgen, was wohl schon zu unschönen Szenen geführt hat. Ein kleines rundes Fenster (rund, um die Symbolik der Welt in ihrer Gesamtheit aufzugreifen) würde helfen, diesem Umstand entgegen zu treten. In der östlichen Wand eingelassen, würde es das Warten weiter entspannen, indem Bus und Passagier frühzeitig in visuellen Kontakt treten könnten.
Dies hat uns veranlasst, hier und jetzt einen Fonds auszuloben, welcher dem Nachrüsten besagten Fensters dienen soll. Wessen Herz für die Schweiz schlägt, wird kaum umhin können, hier einen kleinen Beitrag zu spenden, um der Nachrüstung die nötige Basis zu geben. Wir würden bei ausreichendem Guthaben die einschlägigen planerischen Schritte vornehmen, um Baubewilligung nachsuchen und die Ausführung durch lokale Fachkräfte überwachen. Selbstverständlich sind Sie und die Ihrigen zur Einweihung dieses Fensters eingeladen, die wir hoffentlich recht bald feiern können. Wir finden, die Idee der Schweiz hat es verdient, sich um letzte Details zu kümmern, auch wenn sie ansonsten beinahe perfekt ist.
Beiträge zugunsten des Fensters für das Bushüsli Oberösch sollen mit einer entsprechenden Bemerkung auf das Konto des Vereines «Freunde der Herzroute», CH64 0900 0000 6073 1269 6 überwiesen werden, gerne ergänzt mit einer E-Mail-Adresse, auf dass wir Ihnen unsere periodisch erscheinende Bauzeitschrift zum besagten Projekt zustellen können.